Zum Beglaubigen verschiedener Schriftstücke wurde neben der Unterschrift auch in Neustadt vermutlich schon recht früh ein Siegel verwendet. Den ältesten im Kirchenarchiv erhaltenen Siegelabdruck gibt es in dem 1756 von Pfr. Johannes Rauss angelegten „Kirchenbuch”:
Auf einem Kauf- und Wechselvertrag betreffend den Pfarrgarten und den Pfarr-Meierhof, abgeschlossen zwischen Pfarramt und J. Merthes auf der einen und dem ganzen Dorf auf der anderen Seite, ist das Siegel der Gemeinde klar und deutlich in Siegellack gedrückt: um eine Eichel mit zwei nach innen gebogenen Blättern / Zweigen steht zwischen zwei Kreisen in lateinischen Buchstaben „NAISTÄDTER GEMEIN SIGILIO”. Daneben sind die Unterschriften des gesamten Gemeindeamtes gesetzt: Simon Chrestels, Hann; Georg Penteck, A. Hann; Frantisec Daniel, Andreas Boltres, Stephan Porr und Petrus Zerelles als Geschworene; Michael Crestels, Wortmann; Petrus Graff, Altwortmann und Martin Tartler, Altschaftsmann. Weitere Siegelabdrücke finden sich auf Rechnungen im Kronstädter Staatsarchiv, die Abdrücke unterscheiden sich nur geringfügig voneinander.
Im gleichen „Kirchenbuch”, in der vermutlich von Pfr. Michael Metsch um 1790 verfassten „Historie”, finden wir den Eintrag: „Das Siegel dieses Dorfes ist eine Eichel mit zwey Blättern.”
Bei der Erstellung ihrer Wappen verwendeten manche Gemeinden als Motiv ihr Viehbrandzeichen (Wolkendorf, Tartlau), andere wieder entlehnten die Wappensymbole ihrer Geschichte (Zeiden), versinnbildlichten den Ortsnamen (Rosenau, Nußbach) oder gestalteten das Wappen nach ihrem Siegel, wie es im Falle Neustadts geschah. Für das Neustädter Wappen, wie wir es heute kennen, wurde möglicherweise das Siegel aus dem Jahre 1812 als Vorlage verwendet.
Siegel- wie Wappenbild weisen darauf hin, dass für unsere Vorfahren die Eiche wohl seit altersher bedeutsam oder zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht wichtig war. Der Verkauf von Eichenholz trug viel zu ihrem Wohlstand bei, unter Eichen weidete ihr Vieh und mästeten sich ihre Schweine und unter denselben Eichen feierten sie im Sommer ihre Feste. Dass dabei jedoch möglicherweise noch andere Bezüge eine Rolle spielten, ist nicht auszuschließen. Das lässt auch der Vers von Hoffmann von Fallersleben vermuten, den die Neustädter im Turmhaus unter die dort reproduzierten Wappen malen ließen:
Wie die Eichen himmelan
trotz den Stürmen streben,
wollen wir auch ihnen gleichen,
frei und fest wie deutsche Eichen
unser Haupt erheben.
Gemalt wurde das Wappen in einfachem Dreiecksschild, in ursprünglich blauem Feld stand der Eichenzweig mit zwei leicht schräg stehenden Blättern und einer vollen, nach oben weisenden Eichel. Später erscheint dann der Stengel leicht nach rechts gebogen und eine leere Eichelkapsel auf kurzem Stiel, der nach links wegragt, ist hinzugekommen. (Nach den Regeln der Heraldik muss es eigentlich „links” statt „rechts” heißen und umgekehrt „rechts” statt „links”, weil Wappen immer von hinten, also aus der Sicht des Schildträgers, beschrieben werden.)
Auf der Kirchenfahne von 1889 finden wir die älteste uns heute bekannte Darstellung des Neustädter Wappens. In der gleichen kunstreich verzierten Form der „Papierheraldik” wurde es auch auf die 1890 in Leipzig bestellte Feuerwehrfahne gestickt. 1899 wurde es dann in die Vorhalle der Kirche gemalt - im blauen Schild ist der Eichenzweig umrahmt von einem offenen Lorbeerkranz - und 1903 an den Kirchturm, zwischen die beiden Fenster des dritten Geschosses: „Unter dem Zifferblatt zeigt sich im blauen Felde das Zeichen von Neustadt, die Eichel mit den zwei Blättern, umsäumt von rotem Mantel.” (Eintrag im Buch der dritten Nachbarschaft).
Die gestickten Varianten sind ungleich verschnörkelter, sowohl die Form des Schildes als auch die Einzelelemente betreffend. Die Konturen sind geschweift, die Ecken des Schildes - entgegen der heraldischen Regeln, die für eine Landgemeinde ohne Marktrecht die schlichte Form vorsehen - schräg abgeschnitten, und es tauchen zur Rechten und Linken des Eichenzweiges Sterne auf, die jedoch wohl rein ornamentalen Charakter haben. Der Zierat ist zum einen dieser Form des Kunsthandwerks eigen, zum anderen dienten die Fahnen dem Zwecke der Selbstdarstellung und sollten demgemäß möglichst dekorativ und repräsentativ sein.
In veränderter, geschweifter Form, mit blau/rotem Schild, über den schräg ein Silberband läuft, erscheint das Wappen in späterer Zeit (1910, 1920) und wird so 1927 in den Kopf der neu gegründeten „Neustädter Nachrichten” aufgenommen. Nach einigen Jahren wird dem Eichenzweig ein drittes Blatt angefügt, und in dieser Form wird das Wappen sodann in die neue Folge der „Neustädter Nachrichten” übernommen.
Nach jahrelangem Ringen um Form, Farbe und Gestaltung unseres Neustädter Wappens ist dieses 2010 unter der Nummer 12400210 in die „Ostdeutsche Wappenrolle” (OWR) eingetragen worden. Das Neustädter Wappen steht - neben den z.T. neu gestalteten Burzenländer Wappen - zusammen mit weiteren Wappen in o.g. Wappenbuch.
Es muss zumindest eine Fahne gegeben haben, die älter war als die heute in der Kirche noch Vorhandenen. So gibt es Aufzeichnungen darüber, dass sich bei der Grundsteinlegung für die neue Kirche (1839) die Gemeinde auf dem Pfarrhof versammelte, von wo „unter Glockengeläute und unter Vorantragung der Dorfsfahne” der Zug durch ein von der Jugend gebildetes Spalier nach dem Bauplatz begann. Doch über den Verbleib der alten Fahne fehlt jede Nachricht.
Die Neustädter evangelische Kirchengemeinde besitzt heute zwei Fahnen: eine Kirchen- und eine Feuerwehrfahne.
Die Kirchenfahne wurde am 26. Mai 1889, zu Anfang der Dienstzeit von Pfarrer Franz Herfurth, eingeweiht. Sie wurde danach bei kirchlichen Feierlichkeiten in der Kirche aufgehängt und auch bei festlichen Umzügen vorangetragen. Sie besteht aus doppeltem Tuch, die eine Seite ist in Blau und Rot gehalten, den „sächsischen” Farben, und trägt in der Mitte das Wappen: auf weißem Grund den Eichenzweig mit Eichel und zwei Blättern, umrahmt von einem offenen Lorbeerkranz. Über dem Wappen steht „Neustadt”, darunter die Jahreszahl 1889. Die andere Seite ist weiß und trägt in der Mitte eine mit Goldfäden gestickte und von einem bunten Band umschlungene Garbe. Darüber steht „Ein' feste Burg ist unser Gott”, darunter „Seid einig - einig - einig!”
Auf Anregung von Pfarrer Herfurth wurde 1900 in Leipzig auch eine Feuerwehrfahne fertigen lassen. Sie besteht ebenfalls aus doppeltem Tuch, die eine Seite trägt wie die Kirchenfahne auf blau und rotem Grund das Wappen und in Gold die Inschrift „Neustädter Feuerwehr 1900”. Die andere Seite ist aus hellrotem Tuch, mit dem Wahrzeichen der Feuerwehr, einem Helm und darunter gekreuzten Pickeln, trägt auf weißem, geschlungenem Band die Inschrift „Kraft - Besonnenheit - Ausdauer - Mut”. Darüber steht in Weiß der Wahlspruch der Feuerwehr: „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr!”
Am 4. Juni 1900 wurde die Fahne in der Kirche eingeweiht. An der Fahnenweihe nahmen Feuerwehr-Vertreter aus Kronstadt, Tartlau, Zeiden, Rosenau, Wolkendorf und Weidenbach teil. Nach dem Gottesdienst überreichte Pfarrfrau Mathilde Herfurth als Fahnenmutter den Feuerwehrleuten ein Band mit der Inschrift „Pflichtgetreu bis in den Tod” und die Frau des Obernotärs Merthes dem Fahnenträger eine blaurote Schärpe.
Unter der noch kleinen Honteruslinde sangen die Feuerwehrleute, begleitet von der Blaskapelle, ein von Pfarrer Herfurth verfasstes Lied. Darauf defilierten sie vor der neuen Fahne und zogen mit ihr durch alle Gassen.
1916, als im August die Rumänen in Siebenbürgen einfielen, die ungarische Honvéd Feuer legte und die meisten sächsischen Frauen mit ihren Kindern flüchteten, wurden die zwei Fahnen nicht mehr gefunden. Trotz allen Fragens im Dorf und in anderen Gemeinden wusste niemand etwas über ihren Verbleib und man gewöhnte sich an den Gedanken, dass die Fahnen für immer verschollen wären.
Doch wurden sie durch einen glücklichen Zufall wiederentdeckt:
Der Schirkanyer Michael Pfaff schrieb 1922 an die Gemeinde Neustadt, dass er in den Besitz zweier aus Neustadt stammender Fahnen gekommen sei, die man bei ihm abholen könne. Sein rumänischer Knecht hatte ihm von zwei schönen Tüchern erzählt, die er zu Hause hätte. Die zeigte er einmal seinem Herrn, der erkannte, dass es die Neustädter Fahnen waren und kaufte sie seinem Knecht ab. Die Fahnen wurden abgeholt und am 12. März 1922 wurden sie in einem Dankgottesdienst wieder eingeweiht. Michael Pfaff war als Ehrengast der Gemeinde dabei. Die Feuerwehrleute betraten geschlossen die Kirche, die Fahnen wurden unter dem Geläute der einzigen Glocke, die noch vorhanden war, ins Gotteshaus getragen. Nach dem Gottesdienst wurden sie vor dem Altar durch Ortspfarrer Julius Wolff wieder geweiht. Nach dem Gottesdienst stellten sich alle auf dem Marktplatz auf und marschierten mit der Feuerwehr voran an den Fahnen vorbei. Der Feuerwehr wurde ein helles, schmales Band mit goldener Schrift „Pflichtgetreu bis in den Tod” und der Jahreszahl 1922 übergeben, dem Fahnenträger eine blau-rote Schärpe mit den Worten „Einigkeit macht stark” - wie sie auch vor dem Raub an den Fahnenstangen gehangen hatten.